Bei meinen Streifzügen durch das Netz lese ich inzwischen eine große Menge an US-Blogs zu den Themen Innovation, Kreativität, Entrepreneurship usw. und dabei sind mir einige Dinge aufgefallen. (Ich spreche im Folgenden nun verallgemeinernd von „den Amis“ wohl wissend, dass diese Verallgemeinerung an den verschiedenen Stellen eben nicht 100% stimmen mag)
1. Die Amis bloggen durch alle Altersstufen hinweg. Jeder der was zu sagen hat, (oder eben auch nicht) tut das. Das soll KEINE Wertung sondern eine ganz nüchterne Feststellung sein, denn ob Bloggen sinnvoll ist oder nicht, möchte ich hier gar nicht diskutieren. Sie tun es eben einfach. Sie nutzen andere Kommunikationsmittel als wir deutschen und vor allem nutzen sie sie anders. Erstaunlich viele US-Firmen nutzen Blogs um einerseits über ihr „Tun“ zu informieren und andererseits schlicht zu Werbezwecken. Dabei meine ich nicht so Meldungen wie: „Aktionärsversammlung am 03.04.2007 scheitert an Buh-Rufen von Gewerkschaftsmitgliedern“, also Nachrichten die man abends auch in der Tagesschau sieht, sondern es werden teilweise konkrete Inhalte firmeninterner „Meinungen, Arbeitsweisen, Philosophien, usw.“ vermittelt.
2. „Private“ Blogs sind meist mit der Berufswelt verknüpft, das heißt so privat sind sie im Endeffekt eigentlich gar nicht. Jeder will sich selbst oder seine Arbeit auf irgendeine Art vermarkten und legitimieren. Die Community spielt dabei immer eine große Rolle. Das Gefühl zu einer Gruppe dazu zu gehören erlebt im Internet meiner Meinung nach eine erstaunliche Renaissance, da ja in unserer Gesellschaft eigentlich ein gegenläufiger Trend, nämlich der permanente Drang nach Individualismus vorherrscht. Gruppen werden also versprengt, um sich an anderer Stelle wieder zusammen-zu-rotten. Ein tolles Beispiel hierfür ist das Ebook mit dem Titel „The Age of Conversation“, welches von 100 bloggern für einen „guten Zweck“ erstellt wurde und das Themenfeld Marketing und Kommunikation beackert.
Dolles Ding! (http://www.drewsmarketingminute.com
/2007/04/heres_to_the_co.html).
3. Der Kommunikationsstil (Schreibstil) ist anders. Das ist mir insbesondere beim nochmaligen Durchlesen meiner eigenen Blogs aufgefallen (bezieht sich jetzt also nur auf Beobachtungen, meiner eigenen Ergüsse). Meine Texte wirken häufig etwas verkrampft, negativ, klugscheißerisch, mit erhobenem Zeigefinger. Das ist zunächst mal absolut nicht meine Absicht, passiert aber glaub ich vielen Leuten die Texte Verfassen in denen es um subjektive Meinungen geht, die man „objektiv“ vermitteln will (hää??). Das ergibt sich vielleicht aber daraus, dass man das was man tut legitimieren möchte indem man zum Beispiel irgendwelche bekannten Menschen zitiert. Das hat man ja so gelernt, z.B. beim Verfassen der eigenen Diplomarbeit, in der die Quellenangabe ja das Wichtigste auf der Welt zu sein scheinen (nur keine eigenen Gedanken!! – denn was nicht schon einmal jemand gesagt hat ist ja falsch und kann nicht bewertet werden) und an anderer Stelle. Beim Bloggen stelle ich häufig fest, dass gerade das sich dann nicht gut anhört. Alles bekommt so einen „normativen“ Charakter und schreckt potentielle Leser eher ab, als dass es sie fesselt. OK, ich gebe zu das war vielleicht eher mein Fehler als ein allgemeiner. Aber es ist mir aufgefallen und ich werde das ändern wenn ich es kann – man lernt ja dazu!
Dennoch ist es mir wichtig in meinen Artikeln einen gewissen Anspruch zu wahren. Warum ich das erwähne? Nun ich denke, genau diese Gratwanderung müssen Unternehmen in ihrer täglichen Kommunikation nach außen auch vollziehen. Eine „Message“ rüberbringen, aber so, dass sie so ankommt wie sie gemeint ist. Das ist ganz offensichtlich schwieriger als man denkt, selbst wenn man sich aller möglichen Kommunikationsklischees bewusst ist. (Das „Sender“ – „Empfänger“ – Problem und das Problem kognitiver Dissonanzen kennt ja jeder der in einer Beziehung lebt oder? :-).
Was machen „die Amis“??
Nun also zunächst haben wenige der Artikel die ich bisher gelesen habe einen „normativen Charakter“ gehabt – und siehe da – diejenigen die es hatten, haben mir nicht so gut gefallen. Die meisten jedoch (grade wenn es um Themen wie Innovation oder Kreativität ging) lesen sich wie Gospel Songs in denen es um Glauben, Hoffnung und Motivation ging. Ja, ganz recht! Bevorzugte Stilmittel sind da offene Fragen, bei denen es nur EINE Antwort gibt oder bei der sich jeder seine „eigene“ Antwort geben muss. Wie: „what about your business? Are you focusing on content or context? Which offers greater returns? Are you spending your time on the right things? Usw….†Das ist nicht verwunderlich, denn wie bereits oben erwähnt handelt es sich bei diesen Blogs häufig um „Firmenkommunikation“. Da will jemand sein Produkt oder seine Dienstleistung (auch ein Produkt) als innovations- oder Kreativitätscoach an den Mann bringen. Und das machen sie gut! Ganz wie Teamchef Kliensmann motivieren sie ein Publikum um über Dinge nachzudenken ohne ihnen vor den Kopf zu stoßen. Auch Bildsprache ist dafür ein tolles Mittel: „Haben Sie das Spiel verstanden? Oder haben Sie nur die Regeln verstanden? – Wie spielen Sie?“ Das macht Spaß beim lesen ist inhaltlich aber manchmal fragwürdig. Wollen Sie einen Gospel Song oder die Wahrheit hören?? Lustig oder? – Es funktioniert!!… aber was ist die Wahrheit? Brauche ich normative Aussagen um jemandem klar zu machen das er etwas Falsches tut? Oder kommt er da selber drauf wenn ich richtig frage? Was ist falsch?
Das könnte jetzt sicher ewig so weiter gehen und ich stelle fest, dass auch die Fragen der „Amis“ oft denselben normativen Charakter haben wie meine „Klugscheißerei“, weil sie nur eine Antwort zulassen. Sie machen es aber besser!!
Das ist Kommunikation – um den eigentlichen Inhalt kommt man am Ende also doch nicht herum! … Oder ??
So einen Unterschied kann ich zwischen deutschen und us-amerikanischen Blogs nicht erkennen. Mag sein, dass es drauf ankommt, welche Themen behandelt werden, aber wenn man sich die Artikel auf den bekannten Blog-Aggregatoren Technorati oder Digg anschaut, sieht man doch mehr Gemeinsamkeiten als Gegensätze.
Wenn Firmen Blogs zur Kommunikation mit ihren (potentiellen) Kunden zur Verfügung stellen, kann ich mir nicht vorstellen, dass dort tiefere Einblicke in die Firma als durch das übliche PR-Geblubber zum Vorschein kommen. Klar kann das den ein oder anderen auch interessieren, aber nur durch das Medium Blog werden die mitgeteilten Informationen nicht wahrer. Ich denke nicht, dass Walmart (wenn die Firma ein externes Blog hätte) Stellung zur Firmenpolitik in Bezug auf Mindestlöhne, Gleichberechtigung oder wasauchimmer nehmen würden. Oder UPS zum Thema Scientology und angewandte Methoden im Firmenalltag.
Firmenblogs sind in meinen Augen nichts anderes als ein weiterer Kanal für PR. Und PR lässt nun mal keine Kritik zu, man will ja schließlich ein Produkt verkaufen.
Du sagst selber:
Was soll an einer einseitigen Kommunikation toll sein? Wenn meine Artikel keine Diskussion zulassen, kann ich es auch gleich sein lassen und die Zeit fürs Selber-auf-die-Schulter-klopfen sparen.
Nun, zunächst vielen Dank für deinen Beitrag. Dazu kann ich folgendes sagen. Mein Post bezog sich ausschließlich auf Artikel zum Thema Innovation, Kommunikation usw., steht also nicht für die gesamte Blog-Szene, von der ich zugegebener maßen noch nicht genug Ahnung habe. Sollte der Bezug zu den von mir genannten Themen nich klar geworden sein, dann muss ich wohl an meinem Schreibstil noch arbeiten. Außerdem geht es mir um Themenblogs mit einer bestimmte Message. Wenn also ein Consultant Ahnung auf dem Gebiet Innovation hat, so habe ich festgestellt, dass in US-Blogs häufig richtiger Inhalt präsentiert wird wärend die DE-Blogs (ich weiß das das nicht für alle gilt) hier eher zurückhaltender sind. (Oder ich habe sie einfach nicht gefunden).
Außerdem interessiert mich gerade das “PR-Geblubber”!! Wenn man mal versucht den Firmen nicht nur böses zu unterstellen, dann ist ja gerade dies ein interessantes Marketing-Feld. (Zugegeben: Eher bei kleinen Firmen und selbständigen als bei den Großen). Positiv formuliert war meine Aussage eigentlich nur: “Die Amis verwenden Blogs eher als 2-Wege-Kommunikationsmittel, mit dem sie auch aktiv “Werte” und manchmal sogar Produkte schaffen, wärend “wir” Blogs überwiegend zu einseitigen Berichterstattung nutzen.” Außerdem haben sie einen anderen Schreibstil. Sie sagen also duchaus oft das gleiche wie die deutschen, aber eben anders. Darum ging es mir. Nach dem Motto der Ton macht die Musik und: wie überzeugt und motiviert man Menschen? Ausnahmen gibt es sicher. Soweit zur Firmen Seite. Blogs die einfach Wissen vermitteln und gar generieren, wie es im Bereich Innovation wünschenswert wäre vermisse ich bisher sehr. Ich freue mich über JEDEN Hinweis auf einen solchen !! (in der IT-Szene gibt es ja welche!)
Den Bezug zur Allgemeinheit der Blogs zog ich daraus, weil Du teilweise allgemein von Unternehmen (z.B. im Absatz nach Absatz zu Punkt 3) sprichst.
Was das PR-Geblubber angeht: Werbung (also einem Teil der PR) kann ich, wenn überhaupt, gerade etwas Unterhaltsames abgewinnen. Produktinformationen kann ich dem aber nicht entnehmen. Und da frage ich mich (und das sollte allgemein für alle Sparten anwendbar sein): warum sollte ich Informationen auf einem Firmenblog vertrauen? Eine Firma möchte ihr Produkt (egal ob es jetzt um Innovationsmanagement, Autos oder Schokopudding geht) verkaufen. Und kein Produkt ist perfekt, seien es die Firmenverhältnisse (UPS, Walmart) oder die ökologischen Hintergründe (aktueller Fall ist da Apple). Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass eine Firma ihre Produkte auf ihrem eigenen Territorium (ihrem Blog) schlecht aussehen lassen würde.
Aber back to topic: Innovationsblogs kenne ich leider nicht. 🙁