Von gehemmten, gestörten und … Vertrauen

Das aktuelle “brand eins” Titelthema mit dem Schwerpunkt Kreativität hat mich dazu veranlasst diesen Blog zu verfassen. Dort spricht man unter Anderem von den “gehemmten” und den “gestörten“, zwei passende Begriffe für die Diskussionen rund um das Thema Kreativität, wie ich meine.
Weil das Thema jedoch nicht neu, und die Erkenntnisse über den Umgang mit “planbarer” Kreativität (vielleicht ein Widerspruch in sich??) nicht gerade phänomenal sind, nehme ich hier nur einen kleine Teil eines Beitrages auf, nämlich den, bei dem es um die unterschiedliche Wahrnehmung von Menschen geht.
Die Psychologin Shelly Carson hat mit einem Test etwas belegt, was bereits jeder wusste (kreative Leistung?). Teilt man Personen in vermeintlich “kreative” und “unkreative” Versuchsgruppen ein, so stellt man folgendes fest:
“Kreative sind deshalb kreativ, weil ihr Gehirn auf Sinnesreize aller Art höchst offen reagiert. Bei den anderen sorgt ein Mechanismus namens “latente Hemmung” dafür, dass Reize von außen mehr oder weniger abgeblockt werden.” – Diese Menschen werden “die gehemmten” genannt, während die anderen “die gestörten” sind. Es fällt schwer diese beiden Worte nicht wertend zu betrachten. Ist Kreativität heutzutage doch sozusagen oberstes Ziel und sogar befohlen. Genau wie wir alle “innovativ” sind, sind wir doch auch alle unheimlich kreativ – oder? Wir saugen doch alles auf, sind total vernetzt und offen für alles!? Nun, der Beitrag legt auch nahe, dass es die kreativen heutzutage nicht leicht haben. Auch wenn sich die Schwerpunkte unserer täglichen Arbeit ganz offensichtlich verschieben und Kreativität immer wieder als bedeutender Wirtschaftsfaktor betont wird, sind wir von einer Ãœbernahme der Wirtschaft durch “die gestörten” noch weit entfernt. Daran werden auch Kreativitäts-Workshops auf absehbare Zeit wohl nichts ändern. Vom System eigentlich bevorzugt, belohnt und gewollt sind doch eher die nachplapperer, die brav alles auswendig lernen, nichts hinterfragen und zuverlässig ihre Arbeit tun. Das fängt in der Schule an, geht im Studium weiter und endet normalerweise auch nicht im Berufsleben. Gehemmt zu sein hat Vorteile und ist nicht selten förderlich für eine steile Karriere. Denn Arbeit soliede erledigen zu können, ohne Fehler und Ablenkungen ist wichtig! Das soll jetzt plötzlich anders werden??

Kreativität – Innovation – unternehmerisches Denken – Vertrauen – Sunk Costs
Modeerscheinung – Alibifunktion – Ratlosigkeit – Verzweiflung – “Buzzword”
ORGANISATION

Die oben angeführten Begriffe beschäftigen uns täglich und sind alle fest miteinander verwoben. Schuld daran sind die rasante Entwicklung unserer Umwelt und das Ziel sich möglichst effektiv daran anzupassen. Aus Unternehmenssicht könnte man das platt mit “survival of the fittest” bezeichnen. Nur wer Schritt hält ist morgen noch da. Diese Entwicklung schreit nach den vermeintlich “kreativen” als den Rettern in der Not. Doch die meisten Unternehmen sich nicht gut vorbereitet auf die Anforderungen dieser Entwicklungen. Fakt ist, es geht in großen Schritten in Richtung Wissensgesellschaft mit dem Rohstoff Information als Basis für ökonomisches Handeln.

<Grafik System Innovation Management>

Fehlgeleitete mögen nun, ganz trendbewusst, möglichst schnell auf den fahrenden Zug aufspringen (der übrigens nie stand…) nur nicht zögern, und schnell kopieren, was irgendwo schon einmal funktioniert hat. Kopieren schafft Sicherheit und wälzt Verantwortung ab. “Wenn es bei uns nicht funktioniert lag es an den ungünstigen Bedingungen!” Ich möchte nicht wissen in wie vielen Unternehmen WIKIS inzwischen ein einsames und ungepflegtes Dasein fristen. Wissensdatenbaken gibt es sicherlich tausende, weil ein Manager mal die Ãœberschrift “Wissensmanagement als Schlüssel zum Erfolg” gelesen hat. Leider hat uns niemand den richtigen Umgang damit vermittelt oder vielleicht ist er uns sogar verboten.

Der Unternehmer und der Kreative unterscheiden sich also von der Masse dadurch, dass sie die Dinge anders wahrnehmen. (Siehe hierzu auch: Baron, Robert A. (2004): The Cognitive Perspective: A Valuable Tool for Answering Entrepreneurship’s Basic “Why” Questions. Journal of Business Venturing, No. 19: 221-239.).
Der Kreative, der alles aufsaugt und sich oft leicht ablenken lässt, braucht den Engstirnigen Erbsenzähler, der dessen Defizite ausgleicht und vielleicht auch mal stur auf ein Ziel hinarbeiten kann ohne sich einem geistigen Schlingerkurs hin zu geben. Nicht umsonst bestehen die meisten erfolgreichen Gründungen auch heute noch aus einem Querdenker und einem Strategen.
Der Schlüssel zum Erfolg scheint einmal mehr in der Organisation von Unternehmen zu liegen, die den Anforderungen von Dynamik und Beständigkeit gerecht wird. Neue und bestehende Märkte haben eben unterschiedliche Anforderungen an die Organisation (vgl. Tushman et al. Stichw. “die duale Organisation”). Dabei spielt die Angst vor Unsicherheiten und dem Verlust etablierter Systeme eine entscheidende Rolle. Und manchmal auch einfach nur gesunder Menschenverstand .

Weitere Quellen:

Kline, Stephen J.; Rosenberg, Nathan (1986): The Positive Sum Strategy.
National Academy Press, Washington.

Tushman, Michael L.; O`Reilly, Charles A. (1998): Innovation ist machbar.
Verlag Moderne Industrie, Landsberg.