Der Kampf gegen die Selbständigkeit

In den Medien wird von Politikern aller Parteien immer wieder betont wie wichtig “selbständige” für Deutschland sind. Neugründungen sollen deshalb gefördert werden und allerhand Steuergelder werden jährlich mit diesem Ziel umverteilt. Wem dies nun wirklich nützt ist häufig nicht ersichtlich und so bleibt dem Laien meist nur der Glaube daran, dass bestimmte Menschen schon wissen werden was zu tun ist um das ersehnte Ziel: “mehr Selbständigkeit in Deutschland”, zu erreichen. Daran dass dies jedoch leider nicht immer der Fall ist besteht genauso wenig Zweifel wie daran, dass der Weg in die Selbständigkeit bei den meisten Menschen aus gutem Grund nicht unbedingt die erste Wahl ist.

Selbständig machen sich heutzutage anscheinend nur diejenigen, die keine andere Wahl haben, weil sie wohl wo anders nicht “untergekommen” sind. Logisch – wer sonst sollte sich dem Stress und Ärger mit Behörden, Ämtern, Handelskammern oder Versicherungssystemen etc. aussetzen? Wer sollte sich bei Gründerwettbewerben um Kapital bemühen und Businesspläne erarbeiten die dann von schwach… äh… sachverständigen bewertet werden, die einen vom Land oder Bund genehmigten Topf verteilen um selbst eine gewisse Daseinsberechtigung zu erhalten. Hinterher wusste ja bekanntlich alle das diese oder jene Idee ein Erfolg werden würde (Vgl. Geschichte von FedEx u. anderen). Nur wo sind die großen Förderer BEVOR es ein Erfolg ist?

Häufig werden Ideen, die aus bereits bekannten Blickwinkeln betrachtet und bewertet werden als unrealistisch oder als: “bereits vorhanden und ohne potential” abgetan. Wer aber behauptet, dass nur selbständige mit phänomenal neuen Ideen Erfolg versprechende selbständige, und somit förderungswürdig sind? Sicher – man kann eben nicht jeden Gemüseladen fördern das ist klar. Aber vielleicht hat ja der ein oder andere Gemüseladen doch eine Förderung verdient. Stattdessen rutscht er durch das Bewertungsraster von verantwortlichen, die dank ihrer Konditionierung auf das Offensichtliche die besonderen Potentiale gar nicht erfassen können. Auch ein Gemüseladen schafft ggfs. Arbeitsplätze! Das sollte man nicht vergessen, wenn man von Förderung selbständiger Arbeit redet. Vielleicht wären Förderungen an sich sogar unnötig, wenn der mündige Bürger, weniger bevormundet durch staatliche Eingriffe, überhaupt erst einmal einer Tätigkeit nachgehen könnte die den Namen Selbständigkeit verdient. Meiner subjektiven Meinung nach wird da leider noch nicht genug drüber nachgedacht.

Die Uni Kassel hat mit Ihrem Transfer Programm einen Schritt in die richtige Richtung unternommen. Auch wenn die Einführungsveranstaltung den Eindruck vermitteln konnte, dass sich das Inkubator-Projekt scheinbar vorzüglich zur eigenen Beweihräucherung einiger Verantwortlicher eignet, besteht Hoffnung. Junge und engagierte Gründer können sich hier theoretisch informieren und Starthilfe holen. Es bleibt zu hoffen, dass die Hilfe sich nicht auf Spiegelstrich-hörige Schützlinge einiger Professoren beschränkt.

Das Wirtschaftsmagazin brand eins widmete dem “deutschen Kampf gegen die Selbständigkeit” die erste Ausgabe 2007. Im Archiv der Zeitschrift können sehr erheiternde, ernüchternde, traurige aber auch ermutigende Artikel zum Thema als Volltext gelesen werden.